8. Dezember 2024

Flexodruck mit Potenzial

„Experience the Future of Flexo“ – unter dieses Motto hatte Windmöller & Hölscher (W&H) seine Open-House-Veranstaltung im März 2019 gestellt. Highlights waren die Weltpremiere der neuen Hochleistungs-Flexodruckmaschine Novoflex II und die Vorstellung einer Single-Port-Variante des Bestsellers Miraflex II.

Keine Frage – der Flexodruck hat in den vergangenen zehn Jahren ganz erhebliche Qualitäts- und Effizienzsprünge gemacht. Immer feinere Raster, neue Verfahren zur Druckformherstellung und die entsprechende Software zu Aufbereitung der Druckvorlagen ermöglichen brillante Motive mit stufenlosen Verläufen und perfekt deckenden Vollflächen. Flexodruckformen lassen sich heute in hoher Qualität bereits in vergleichsweise kurzer Zeit und mit deutlich geringerem Aufwand an Chemie und Energie herstellen. Entscheidend für die Effizienz des Druckprozesses – vor allem bei großen Volumina – ist jedoch nicht zuletzt die Druckmaschine. Was in diesem Bereich derzeit Stand der Technik ist, konnten die rund 500 internationalen Besucher der W&H-Open-House live miterleben.

Minimiertes Bouncing

Star der Veranstaltung war zweifelsohne die Hochleistungs-Flexodruckmaschine Novoflex II, die im Rahmen einer Showeinlage aus Artistik und Musik dem Publikum enthüllt wurde. Das neueste Produkt des auf flexible Verpackungen spezialisierten Maschinenbauunternehmens glänzt zunächst durch seine extrem robuste Ausführung, die Schwingungen und Veränderungen der Geometrie weitgehend ausschließen soll. Das nach dem center-force-Prinzip konstruierte Zentralzylinder-Druckwerk der Novoflex II ist besonders steif ausgelegt, um Bouncing zu minimieren. Die bis zu sieben Druckwerke sind so angeordnet, dass die von ihnen auf den Zentralzylinder wirkenden Kräfte sich gegenseitig aufheben. Großzügig dimensionierte Lagerungen der Rasterwalzen und Formatzylinder und ein geringer Achsabstand minimieren die Durchbiegungs- und Schwingungseinflüsse.

Robust, schnell und formstabil: Die Novoflex II setzt neue Maßstäbe im Flexodruck. Quelle: W&H

„Selbst kritische, schwingungsanregende Motive, wie nicht versetzt angeordnete Druckplatten mit starken Anlaufkanten, druckt die Novoflex II mit hoher Produktionsgeschwindigkeit. Und das ohne Erhöhung der Beistellung oder spezielle Klebebänder“, erklärt Markus Bauschulte, Technical Sales Director Business Unit Printing and Finishing bei W&H. Das wurde bei einer Maschinenvorführung demonstriert: Beim Druck eines Motives im Hochlineatur-Klischeeraster mit besonders ausgeprägten Klischeeanlaufkanten erreichte die Novoflex II bei einer Druckgeschwindigkeit von 600 Meter pro Minute über den gesamten Testlauf hinweg eine sehr hohe Druckqualität. Die maximale Druckgeschwindigkeit der Novoflex II liegt bei 800 Meter pro Minute.

Schnelle Jobwechsel

Weil auch im Flexodruck angesichts sinkender Auflagenhöhen bei gleichzeitig steigender Anzahl einzelner Jobs Flexibilität und kurze Jobwechsel-Zeiten immer wichtiger für die Gesamtproduktivität werden, hat W&H diesem Aspekt bei der Novoflex II ebenfalls großes Augenmerk gewidmet. Alle Druckwerkskomponenten sind für den Sleevewechsel gut erreichbar, wobei die Maschine für die oberen Druckwerke eigens eine höhenverstellbare Arbeitsbühne besitzt. Per Knopfdruck fahren die Lager automatisch in die Wechselposition. Die Sleeves oder Adapter werden ausgeschoben und können schnell und einfach vom Bediener entnommen werden.

Zwei W&H-Mitarbeiter demonstrierten den Sleeve-Wechsel an der Novoflex II. Nach nur fünf Minuten konnte der Andruck eines neuen Motives beginnen.
Foto: Andreas Tietz

„Gerade beim Wechseln von kompletten Aufträgen spart das Zeit – der Bediener ist doppelt so schnell wie bei manueller Öffnung“, erklärt Bauschulte. Nach dem Sleevewechsel schließen und verriegeln die Lager automatisch – für einen sicheren Druck des Folgeauftrags. Im Ergebnis benötigen gut ausgebildete Bediener kaum fünf Minuten, um von einem 7C-Motiv auf ein anderes zu wechseln – auch dies wurde während der Veranstaltung demonstriert. Zum Jobwechsel gehört auch der Andruck des Folgeauftrages, und hier bietet W&H ebenfalls Unterstützung: Mit Hilfe von Automations- und Assistenzsystemen ist ein Andruck innerhalb von 90 Sekunden möglich. Das von W&H selbst entwickelte und in die Maschine integrierte Qualitätssicherungssystem Vision gibt dem Bediener während des gesamten Prozesses zentral am Bedienpult die Kontrolle über das Druckergebnis.

Diese Druckmuster zeigen das hohe Qualitätsniveau, das der Flexodruck inzwischen erreicht hat. Foto: Andreas Tietz

Zu einem optimierten Flexodruckprozess gehört auch die Druckformherstellung. W&H-Partner Kodak demonstrierte während der Open-House seine neue Flexcel NX Ultra-Lösung zur Lösemittel- und VOC-freien Flexoplattenherstellung – übrigens erstmalig außerhalb der USA. Die Besucher konnten mitverfolgen, wie mit dieser wasserbasierenden Lösung hochwertige Druckformen für sämtliche Druckvorführungen auf den vorgestellten neuen Flexodruckmaschinen erzeugt wurden – und zwar in weniger als einer Stunde.

Miraflex II mit Single-Port

Eine weitere Neuerung bei der Novoflex II ist die neugestaltete Rakelkammer, mit der die Maschinenlaufzeit erhöht werden soll. Zu den wichtigsten Bestandteilen gehört das neue Dichtungssystem „Turboseal“ mit deutlich verlängerten Wechselintervallen der seitlichen Dichtungen. Auch bei abrasiven Farben und hohen Druckgeschwindigkeiten soll Turboseal lange Standzeiten und mehr Sicherheit bieten. „Die Lebenszeit der Dichtung ist bis zu zehnfach länger“, erklärt Bauschulte. Wird die gesamte Rakelkammer getauscht, unterstützen automatische Klemm- und Führungssysteme den schnellen und sicheren Wechsel. Die Novoflex II ist grundsätzlich sowohl für die Bedruckung von Folien als auch Papier geeignet. Bei Maschinen, auf denen Papier oder im Wechsel Folien und Papier gedruckt werden, sind einige Bauteile an das sprödere Substrat angepasst. So werden hier beispielsweise Keramik-Führungswalzen statt solcher aus Aluminium verwendet.

Durch die 180-Grad-Drehung des Abwicklers benötigt die Miraflex II Single-Port deutlich weniger Platz. Quelle: W&H

Das gilt auch für andere Flexodruckmaschinen aus dem Hause W&H, wie beispielsweise dem Bestseller Miraflex II. Auch von dieser für schmale bis mittlere Bahnbreiten ausgelegten Maschine gab es etwas Neues: So bietet W&H die Miraflex II jetzt auch als besonders kompakte Single-Port-Variante an, die mit 14 Metern um vier Meter kürzer ist als die Dual-Port-Version. Der Trick: Der Abwickler wurde um 180 Grad gedreht eingebaut. „Im Gegensatz zur Dual-Port haben wir jetzt einen zentralen Be- und Entladebereich der beiden Auf- und Abwickler in der Maschine, der die gesamte Rollenbearbeitungszeit deutlich reduziert. Dadurch sparen unsere Kunden Zeit, weil ein Operator nun beide Wickler zeitgleich bedienen kann“, so Markus Bauschulte. Das Ergebnis seien schnellere Jobwechsel und weniger Ausschuss. Die Miraflex II Single-Port bietet zudem die Möglichkeit, nachträglich eine Flexo- oder Tiefdruck-Inline-Anwendung in das Maschinendesign zu integrieren.

Mehr als 500 internationale Besucher waren beim Spezialisten für flexible Verpackungen in Lengerich zu Gast. Quelle: W&H

Es gibt, so lässt sich die Open-House-Veranstaltung von W&H zusammenfassen, noch viel Potenzial, um die Wettbewerbsfähigkeit des Flexodrucks gegenüber anderen Technologieoptionen im
Verpackungsdrucksegment zu verbessern. Eine dieser Optionen ist der Digitaldruck, der ganz ohne Druckformen auskommt und nahtlos ohne jede Umrüstung ein Druckmotiv nach dem anderen drucken kann, unabhängig von der Auflage. In Lengerich arbeitet man daher inzwischen gemeinsam mit einem noch nicht genannten Partner an einer Digitaldruckmaschine, die voraussichtlich auf der Drupa 2020 präsentiert wird.

Andreas Tietz

Andreas Tietz ist Diplom-Journalist mit Spezialisierung auf technisch-wissenschaftliche Themen. Nach mehreren Jahren in der IT-Branche berichtet er seit 2006 in verschiedenen Fachmedien über Neuigkeiten aus der Druck- und Papierindustrie sowie der Verpackungsindustrie.

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