Isidore Leiser erläutert in einem „drupa essential“ der Messe Düsseldorf, warum seiner Auffassung nach die drupa noch wichtiger ist, als viele vielleicht meinen. Er ist CEO von Stratus Packaging, einem der führenden europäischen Etikettenhersteller, der zur Transformation der Etikettenbranche sowohl auf konventionelle als auch auf digitale Technologien setzt.
„Die Digitalisierung durchzieht alle Lebensbereiche unserer Welt und dringt sehr schnell auch in die Druck- und Verpackungsbranche vor“, so Leiser. Digitaltechnologie könne durchaus Konkurrenz darstellen, andererseits aber auch Druckdienstleistern und Druckverarbeitern zu mehr Effizienz verhelfen und damit Teil der Lösung sein. Leiser schreibt weiter:
„Wenn ich an die drupa denke, sehe ich sie vor meinem geistigen Auge als Weltmeisterschaft der Druckbranche. Wie die Fußball-WM – für die sich mein Land im Gegensatz aber in der Regel gar nicht erst qualifiziert – findet auch die drupa alle vier Jahre statt. Als ich neu in der Druckbranche war, bekam ich oft zu hören, ich solle die drupa nicht besuchen, da sie viel zu groß sei, ich mich nur verlaufen würde und der Schwerpunkt nicht auf meinem Fachbereich liege. Gut, dass ich nicht darauf gehört habe. Seit meinem ersten drupa-Besuch war ich immer wieder dabei – und auch die Veranstaltung im Jahr 2020 werde ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.
Ja, es stimmt: Die drupa ist riesig, und tatsächlich habe ich mich dort mehr als einmal verlaufen. Auch liegt der Schwerpunkt wirklich nicht auf dem Etikettendruck. Dafür erhalte ich bei der Weltleitmesse der Druckbranche aber einen umfassenden und professionellen Überblick zum gesamten Druckmarkt, zu den neuesten Innovationen und zu den Trends, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Die unterschiedlichen Bereiche der Branche hängen miteinander zusammen –Tendenzen, die jetzt in einem Segment auftauchen, werden auch bald schon anderswo sichtbar. Inkjettechnologie wurde etwa zuerst beim Großformatdruck eingeführt, spielt jetzt aber auch beim Etikettendruck eine wichtige Rolle. Bei der drupa kann ich mich über rivalisierende Druckverfahren informieren und damit Einblicke und neue Perspektiven für mein Unternehmen erhalten.
Was kann man von der drupa 2020 erwarten? Zuallererst einmal: Innovationen! In der Druckbranche – einschließlich dem Verpackungsdruck – herrscht hoher Druck; ein umfassender Wandel ist nötig. Markenartikler machen Tempo und stellen neue Anforderungen. Der Wettbewerb in der Branche ist intensiver denn je; unsere Kunden – allesamt Markenartikler – suchen nach Innovationen.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit: Druckdienstleister, und insbesondere auch Verpackungsdruckereien, müssen ihren Kohlendioxidausstoß ebenso wie das Abfallaufkommen drastisch reduzieren. Die jüngere Generation setzt Regierungen und Markenartikler in dieser Hinsicht mit regelmäßigen Demonstrationen unter Druck. Das Wissen über die Wichtigkeit von Verpackung ist bei den jungen Leuten allerdings oft etwas begrenzt; viele vertreten die Auffassung, Verpackungen seien etwas grundlegend Schlechtes – die Vorteile von Verpackungen werden übersehen; der durch Verpackungen entstehende Müll steht im Vordergrund. Mittlerweile stehen zwar einige nachhaltigere Lösungen zur Verfügung, doch viele von ihnen kommen nicht zum Einsatz, weil sie sich einfach noch nicht rechnen.
Klar – jeder wünscht sich einen besseren, saubereren Planeten, aber kundenseitig ist die Bereitschaft, dafür zu zahlen, eingeschränkt. Verpackungskunden kommt es vor allem auf Kostensenkungen an. Unsere Unternehmensgruppe hat beispielsweise schon viele neue Lösungen entwickelt und auf den Markt gebracht. Wir sind zertifiziert nach PEFC und FSC, Imprim’vert hat die CO2-Bilanz analysiert. Unser Umsatz mit umweltfreundlichen Produkten ist derzeit aber dennoch sehr gering. Womöglich haben wir unsere Lösungen nicht gut genug präsentiert oder verkauft. Andererseits ist der Widerstand gegen Veränderungen nach wie vor sehr groß – meiner Meinung nach zu groß. Ich hoffe wirklich, dass sich nachhaltigere Verpackungsmaterialien und auch umweltfreundlichere Druckfarben und Tinten durchsetzen, zusammen mit Druckmaschinen, die ein umweltfreundlicheres Bedrucken und Verarbeiten von Substraten ermöglichen.
Bei der Weltmeisterschaft im Druckbereich treten im wichtigsten Wettstreit die verschiedenen Drucktechniken gegeneinander an: Flexodruck, Offsetdruck, Heliodruck sowie Digitaldruck als aufsteigender Stern am Printhimmel. Im Zuge höherer Nachfragen nach Umweltverträglichkeit, mehr Qualität, kürzeren Lieferzeiten und geringeren Kosten werden sämtliche Drucktechnologien optimiert. Dank verschiedener Innovationen lassen sich Anwendungen zwischen den unterschiedlichen Technologien übertragen. Wie bei einer Fußball-Weltmeisterschaft muss man sich aber davor hüten, zu stark auf einer einzigen Seite zu stehen – auch hier gibt es Vertreter, die an eine bestimmte Drucktechnologie (nämlich ihre eigene) glauben und die Vorteile anderer Technologien weder kennen noch anerkennen. Erfolg erwächst jedoch daraus, die Stärken aller Technologien zu bündeln.
Nirgendwo sonst wird die Weiterentwicklung der Drucktechnologien so gut nachvollziehbar wie bei der drupa. Um Kundenanforderungen besser erfüllen zu können, muss man schließlich die jeweiligen Vor- und Nachteile verstehen. 2020 erwarte ich grundlegende Veränderungen bei allen Druckverfahren, da es erforderlich ist, Effizienz zu steigern, das Abfallmanagement zu optimieren, Qualität zu erhöhen und auch die Umweltverträglichkeit deutlich zu verbessern. Dabei werden wir sehen, dass die klassischen Drucktechniken immer stärker digitalisiert werden: An allen möglichen Stellen der Maschinen werden Sensoren angebracht und zeitaufwendige Aufgaben des Bedienpersonals fallen weg. Mit digitalen Tools für die Maschineneinrichtung können Druckdienstleister und Druckverarbeiter effizienter werden; Kameras und Sensoren verkürzen die Rüstzeit und steigern die Produktivität erheblich – und zwar ohne dass Änderungen beim Bedienpersonal erforderlich wären.
Die Digitalisierung durchzieht alle Lebensbereiche unserer Welt und dringt sehr schnell auch in die Druck- und Verpackungsbranche vor. Digitaltechnologie kann durchaus Konkurrenz darstellen, andererseits aber auch Druckdienstleistern und Druckverarbeitern zu mehr Effizienz verhelfen und damit Teil der Lösung sein. Die echten Kosten lassen sich mit dieser Technologie präziser berechnen, und Augmented Reality ermöglicht das Einbeziehen physischer Produkte in die digitale Welt. Auch RFID und gedruckte Elektronik bieten der Druckbranche Möglichkeiten für den Anschluss an die digitale Welt. Druckvorstufe, Druck und Druckverarbeitung verbinden sich in einem System, und alle Schritte des Druckworkflows werden automatisiert. So kann die gesamte Produktion – nicht nur der Druckvorgang – optimiert werden. Zudem knüpfen Druckdienstleister und Druckverarbeiter damit bessere Verbindungen zu ihren Kunden und Lieferanten. In der digitalen Welt lässt sich die Druckproduktion zur Personalisierung (bzw. Individualisierung) nahtlos in eine Multichannel-Kommunikation integrieren.
Was erwarte ich speziell von der drupa 2020? Für gewöhnlich habe ich keine genauen Erwartungen – meist werde ich auf unerwartete Weise überrascht, wenn ich ungeplant einen Stand besuche und dann völlig neue Informationen oder Inspirationen bekomme. Letztlich erhält man eine andere Perspektive zu den eigenen Investitionen oder auch zu Markttrends und -dynamiken. In diesem Sinne: Erwarten Sie das Unerwartete, und seien Sie offen für Neues! Wie erwähnt erlebt man bei der drupa hautnah, dass die Druckwelt aus zahlreichen Anwendungen besteht und dass Druckdienstleister und Druckverarbeiter angesichts all der verfügbaren Innovationen und neuen Technologien im Wandel die Chance haben, ihre Zukunft umzugestalten.
Außerdem möchte ich Ihnen abschließend empfehlen, über den sprichwörtlichen Tellerrand der Druckmaschine hinauszublicken – für den Erfolg wird es mehr brauchen als ein neues System. Sehen Sie sich bei der drupa die gesamte Produktionskette für Druck und Verpackung an. Materialinnovationen werden in den kommenden Jahren entscheidend sein. Die Digitalisierung und die Automatisierung des gesamten Workflows werden Ihr Unternehmen verändern. Neue Technologien werden Neueinstellungen und Weiterbildung erforderlich machen. Auch die Interaktion mit Ihren Kunden wird künftig anders ablaufen, denn bald wird es sich bei ihnen nur noch um Menschen handeln, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind. Fazit: Sie sollten die Veränderungen nicht ablehnen, sondern annehmen.
„Genau wie die Fußball-Weltmeisterschaft ist auch die drupa eine Veranstaltung, die man wirklich nicht verpassen darf – die weltgrößte Messe, bei der führende Anbieter aus dem Druck- und Verpackungsbereich zusammenkommen. Alle aktuellen Innovationen stehen hier im Rampenlicht. Also: Wir sehen uns bei der drupa 2020!“